Mohnblume
(Foto: Gabi Faulhaber)

Anträge

Refinanzierungsmodell des Landeswohlfahrtsverbands fortführen und SodEG durch das Land Hessen aufstocken

(Coronabedingt fällt die VV am 1. Juli aus. Der Termin der nächsten VV ist am 28. Oktober 2020)

Besprochen am 2. Juli 2020 in einer gemeinsamen Sitzung des Haushaltsausschusses und des Ausschusse für Soziales & Jugendhilfe. Nach dem Antrag ist die Einlassung des Verwaltungsausschusses zu unserem Antrag zu finden.

 

Antrag zur nächsten Verbandsversammlung des LWV

Die Verbandsversammlung möge beschließen:

Der Landeswohlfahrtsverband Hessen hält an seiner Refinanzierungsvereinbarung fest und beschließt, diese bis zum 31.12. 2020 – auch im Falle eines weiteren/bzw. regionalen Lockdowns fortzuführen.

Der Verwaltungsausschuss wird aufgefordert zu prüfen, inwiefern Zusatzvereinbarungen zu den bestehenden Leistungs- und Vergütungs- bzw. Entgeltvereinbarungen dabei hilfreich sein könnten, die soziale Trägerlandschaft abzusichern. Abweichungen etwa bei Personalschlüsseln, bei der Personalausstattung, bei der Nettoarbeitszeit der Betreuungskräfte (etwa: Ausfälle durch Quarantäne und eingeschränkte Kinderbetreuungsmöglichkeiten), bei der Auslastung oder bei den Sachkosten (z.B. Anschaffung von Schutzmaterial, Konferenztechnik etc.) können nicht immer vollkommen durch SoDeg abgebildet oder refinanziert werden. Diese unvorhersehbaren Veränderungen ermöglichen den Abschluss neuer bzw. ergänzender Vereinbarungen während der Laufzeit der bisherigen Vereinbarungen (§ 78d Abs. 3 SGB VIII bzw. § 127 Abs. 3 SGB IX).

Die Verbandsversammlung fordert die hessische Landesregierung auf zu prüfen, ob das Ausführungsgesetz zum Sozialdienstleister Entlastungsgesetz als Schutzschirm ausreicht, um insbesondere kleine und mittelgroße Träger ausreichend vor der Insolvenz zu schützen.

Die Verbandsversammlung fordert die hessische Landesregierung auf, den maximalen Zuschuss für einen Träger von 75% der Durchschnittszahlungen der letzten 12 Monate auf 100% aufzustocken.

Begründung:

 Wir begrüßen, dass der Landeswohlfahrtsverband eine vollständige Refinanzierung vorgenommen hat und an dieser weiter festhält. Dies unterscheidet sich deutlich von örtlichen Trägern der Jugendhilfe, bei denen es sehr häufig zu Kurzzeitarbeit kommt.

Soziale Dienstleister sind von der Corona-Krise sehr unterschiedlich betroffen. Während einige Träger mit erheblicher Mehrbelastung zu kämpfen haben, sind andere mit Minderauslastung bis zum Ruhen der Angebote konfrontiert. Der Landeswohlfahrtsverband hat auf diese Situation gut reagiert und ermöglicht, dass Werkstattmitarbeiter*Innen an besondere Wohnformen ausgeliehen werden konnten.

Dadurch wurde Kurzarbeit weitestgehend vermieden. An dieser Refinanzierung sollte weiterhin festgehalten werden, auch bei einem erneuten generellen oder regionalen Lockdown. Es sollte darüber hinaus geprüft werden, ob Zusatzvereinbarungen zu den bestehenden Leistungs- und Vergütungs- bzw. Entgeltvereinbarungen abgeschlossen werden müssen, da SodEG bei insbesondere kleinen und mittelgroßen Einrichtungen zu einer Refinanzierung nicht ausreichend sein wird.

Die gegenwärtige Situation führt in vielen Fällen zu unvorhersehbaren wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Vereinbarung zugrunde lagen. Bei der Coronakrise können sich Abweichungen etwa bei Personalschlüsseln, bei der Personalausstattung, bei der Nettoarbeitszeit der Betreuungskräfte (etwa: Ausfälle durch Quarantäne und eingeschränkte Kinderbetreuungsmöglichkeiten), bei der Auslastung oder bei den Sachkosten (z.B. Anschaffung von Schutzmaterial, Konferenztechnik etc.). Diese unvorhersehbaren Veränderungen ermöglichen den Abschluss neuer bzw. ergänzender Vereinbarungen während der Laufzeit der bisherigen Vereinbarungen (§ 78d Abs. 3 SGB VIII bzw. § 127 Abs. 3 SGB IX). In diesem Zuge muss auch das Leistungsverhältnis zwischen Leistungsträger und Klient*innen in den Blick genommen werden. Um abweichende Leistungen zu gewähren, sind eigentlich auch Ergänzungen in den Leistungsvereinbarungen erforderlich. Denn in vielen Fällen werden momentan zusätzliche oder abgewandelte Leistungen erbracht. So stellen z.B. in der Behindertenhilfe Wohneinrichtungen Betreuungsangebote während der üblichen Werkstattbesuchszeiten bereit, ambulante Dienste betreuen Menschen mit seelischen Erkrankungen zum Teil online. Wegen infektionsschutzrechtlicher Anordnungen muss zum Teil eine Einzel- statt einer Gruppenbetreuung sichergestellt werden. Im Zuge der Vorgaben zu Besuchsmöglichkeiten entsteht den Trägern Mehraufwand für das Besuchsmanagement. Auch hier ist der LWV als überörtlicher Träger in der Verantwortung diesen Aufwand angemessen in den Leistungsvereinbarungen abzubilden.

Problematisch ist außerdem, dass große Verwirrung bei der Auslegung des Sozialdienstleister Einsatzgesetzes besteht.

Laut der Pressemitteilung des Bundes Netzwerk für Arbeit und soziale Teilhabe gibt es einen bundesweiten Flickenteppich verschiedener Interpretationen. Häufig werden die 75% des Zuschusses als Maximalfoerderbetrag aus Summe von vorrangigen Mitteln und SodEG-Zuschuss angesehen.

Dies führt in der Folge zu einer geringeren Förderhöhe für die Träger als im Gesetz vorgesehen. Durch diese derzeitige Falschauslegung und die chronische Unterfinanzierung von Teilleistungen ( Schulassistenzen) ist somit die Coronakrise unmittelbar existenzbedrohend und gefährdet die Vielfalt der sozialen Trägerlandschaft in Hessen.

Durch die geringeren Förderhöhen können Mitarbeiter*innen nicht weiterbeschäftigt und Mieten nicht weitergezahlt werden. Rechenbeispiele von Trägern zeigen, dass die 75% grundsätzlich nicht ausreichen. Sollte es nicht zu einer Klärung des Sachverhalts kommen, ist trotz des gut gemeinten Gesetzes die Trägerlandschaft in Hessen in großer Gefahr. Hessen muss hier deutlich und schnell nachbessern, da einige Träger so die nächsten 1-2 Monate nicht überstehen werden.

 

Stellungnahme des Verwaltungsausschusses zum Antrag der Linken:

Inhalt des Berichtes
Der Verwaltungsausschuss beschließt folgende Stellungnahme zum Antrag der Fraktion Die Linke vom 02.06.2020:
Aktuell trägt der LWV Hessen gemäß diverser Rundschreiben die Kosten in erschiedenen Leistungsbereichen (WfbM, Tagesförderstätten, Tagesstätten) weiterhin in der bewilligten Höhe auch in den Fällen, in denen die Betreuung aufgrund von Betretungsverboten gemäß Verordnungen des Landes Hessen nicht durch die Leistungserbringer in diesen Angeboten sichergestellt werden kann. Insofern findet hier eine vollständige Finanzierung statt. Für die dort anfallenden Fahrtkosten, die vom LWV Hessen neben den vereinbarten Vergütungen getragen werden, wurden für die Monate April und Mai Regelungen getroffen, wonach der LWV Hessen pauschal 70 % der vereinbarten Volumen trägt, um die üblicherweise eingesetzten externen Fahrdienste finanziell abzusichern. Aufgrund der Teilaufhebung der Betretungsverbote hat der LWV Hessen die Finanzierung der Fahrtkosten ab dem Monat Juni wieder auf 100 % erhöht.
Ferner werden die Kosten in besonderen Wohnformen weiterfinanziert, wenn die Betreuten Corona-bedingt vorübergehend in das häusliche Umfeld zu Angehörigen zurückgekehrt sind und deren Betreuung dort ohne zusätzlichen Aufwand für den LWV Hessen sichergestellt ist. Aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklungen hat der LWV Hessen die Betreuten sowie die Leistungserbringer darüber informiert, dass von einer Rückkehr in die besondere Wohnform bis zum 14.06.2020 ausgegangen wird, anderenfalls finden die Regelungen des Rahmenvertrages zu den Fehlzeiten entsprechend Anwendung.
Im Bereich Betreutes Wohnen werden die bewilligten Stundenkontingente ebenfalls in vollem Umfang weitergezahlt. Hier können Leistungen aufgrund der bestehenden Einschränkungen auch auf digitalem Wege erbracht werden, z. B. per Telefon, Videokonferenzen o. ä. Auch wird erwartet, dass ggf. jetzt nicht in Anspruch genommene Kontingente zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen / erbracht werden.
Im Bereich der sonstigen ambulanten Leistungen hat der LWV Hessen zunächst die Weiterfinanzierung in Höhe der üblicherweise erbrachten Leistungen bis 30.04.2020 zugesichert, über das weitere Vorgehen ab 01.05.2020 wird in Kürze entschieden, da zunächst noch die eingeforderten Stellungnahmen bewertet werden müssen. Hier gestaltet sich die Finanzierungsregelung am schwierigsten, da häufig ein enger Zusammenhang mit Leistungen nach dem SGB XI besteht, für den anderweitige Refinanzierungsregelungen zu Lasten der Pflegekassen getroffen wurden und hier entsprechende Abgrenzungen geschaffen werden müssen.
Nach dem jetzigen Stand ist die Weiterfinanzierung in allen Leistungsangeboten geregelt und damit die Leistungsfähigkeit der Trägerlandschaft ausreichend sichergestellt.
Für die im Antrag beispielhaft angeführte Schulassistenz ist der LWV Hessen nicht der sachlich zuständige Kostenträger, hier liegt die Zuständigkeit bei den örtlichen Trägern der Eingliederungshilfe / Jugendhilfe.
Für den Fall, dass die bisher bewilligten Leistungen und die von uns eingeforderte angebots- und leistungserbringerübergreifende Unterstützung dem Umfange nach nicht ausreichen, prüft der LWV Hessen die Übernahme etwaiger entstandener und angemessener Mehrkosten. In welchem Umfange dies den Haushalt des LWV Hessen über das im Haushaltsplan geplante Maß hinaus belasten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzbar. Neben der weiteren Entwicklung der Pandemie ist dies auch abhängig von Entscheidungen des Landes Hessen, die Betretungsverbote in weiteren Teilschritten aufzuheben und damit z. B. bisher in besonderen Wohnformen zur Unterstützung eingesetzte Personalkapazitäten aus WfbM und Tagesförderstätten zurück in die Angebote zu beordern. Weiterhin dort aufgrund z. B. Risikogruppenzugehörigkeit betreute Leistungsberechtigte müssen dann ggf. durch zusätzliche Personalkapazitäten betreut werden.
Hierfür können in bisher unbekanntem Ausmaß über das vereinbarte Maß hinaus Kosten entstehen.
Die Anwendung des SodEG durch den LWV Hessen als Refinanzierungsweg ist nicht vorgesehen, da dies zu einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand führen und keine Verbesserung der Absicherung der Trägerlandschaft oder für den Haushalt des LWV Hessen bedeuten würde. Einzig in Ausnahmefällen und ggf. bei außerhessischen Leistungserbringern ist diese Form der Finanzierung vorgesehen.
Hinsichtlich der zu erwartenden Mehrbelastung für den Haushalt des LWV Hessen wurde gegenüber dem Land Hessen angeregt, ähnlich wie in anderen Bereichen der Wirtschaft Mittel zur Bewältigung der Krise auch im Bereich der Eingliederungshilfe zur Verfügung zu stellen, um die Belastung nicht nur auf die kommunale Trägerlandschaft zu verteilen.

Wir trauern:

... um unseren Fraktionsvoritzenden
Wolfgang Schrank

250 Wolfgang Schrank 

Der überraschende Tod unseres Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schrank macht uns sehr traurig. Seine Kompetenz, sein Optimismus und sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit motivierte uns in unserer Arbeit im Landeswohlfahrtsverband. Wolfgang Schrank wird uns sehr fehlen!

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